Modellbau: Picco, ein Aeronaut Pinguin

Diesen Bausatz fĂŒr ein vintage Modellsegelboot hatte ich mir vor Jahren mal gekauft. Nach einem Blick in die Packung hatte ich ihn verworfen: Was soll man mit so einem kleinen Modell? Aber nun, nachdem der 21kg-Schlepper Gladiator fahrbereit ist, ist mir mal nach was Kleinem, Piccolino, winzig 🙂

Der Bausatz ist auch in sofern vintage, als dass man viele Teile noch selber aus dem Brett aussĂ€gen muss. Die Bauanleitung ist entsprechend im Stil seiner Zeit verfasst. Auch die empfohlenen Klebstoffe und Lacke sind eher von damals. Die Mahagonileisten sind von guter QualitĂ€t, und die mitgelieferten Beschlagteile sehen vielversprechend aus. Da passt auch der Preis. Der Bausatz ist anspruchsvoll, obwohl das Modell laut Anleitung fĂŒr die Klasse S (Schulklasse) konzipiert ist. FĂŒr mich ist es eine gute VorĂŒbung fĂŒr vielleicht mal ein ‘richtiges’ Modell eines SchĂ€renkreuzers zu bauen. Und um mal zu gucken, ob mir Modellsegeln liegt.

Der Einbau einer Fernsteuerung ist nicht vorgesehen, die gab es damals noch nicht. Das Modell ist als ungesteuertes Geradeausfahr-Wettbewerbsmodell ausgelegt. Um es besser steuerbar zu machen, wird die Kiel-SeitenflÀche deutlich verkleinert und das Ruder verlÀngert. Es sollte fertig aufgetakelt bleiben können, sowohl im Wohnzimmer, beim Transport, und auf dem Wasser sowieso.

Abmessungen lt. Verpackung:
LĂ€nge: 618mm
Breite: 138mm
Gesamthöhe: 780mm
Tiefgang: 120mm
Großsegel: 8,39 dm^2
Focksegel: 1,46 dm^2
Kielballast: 400g

Die VerdrÀngung ist leider nicht angegeben. Da die RC-Anlage dazu kommt, ist absolutes Gewichtsparen angesagt! Jedes Gramm zÀhlt.

Die Spanten sind einfach stumpf auf das Baubrett geklebt. Das lÀsst sich hinterher mit einem Stemmeisen vorsichtig los meisseln. Ich habe ab der zweiten Planke alle Planken an den Enden schmaler geschliffen.

Die letzten Planken mussten angefeuchtet und mit einem BĂŒgeleisen in Form gebĂŒgelt werden. Das klappte hervorragend, das hĂ€tte ich von Anfang an so machen sollen. Wieder was gelernt.

Schliesslich war der Rumpf fertig beplankt.

Mit dem nachtrÀglich verÀnderten Kiel sollte das Boot besser steuerbar sein, da die SeitenflÀche geringer ist. Das abgesÀgte Teil wiegt ausserdem 20g, der Rumpf nun 200g. Optisch empfinde ich das auch als Gewinn.

Jetzt folgt unmittelbar eine Lage GFK auf der Innenseite. Dadurch soll der Rumpf belastbarer werden, bevor die Aussenseite in Form geschliffen wird. Im Foto sind die Schablonen fĂŒr die exakten Zuschnitte zu sehen.

Es ist schönes Wetter, man kann stundenlang auf dem Balkon schleifen. Nachdem innen GFK in den Rumpf kam, wog er 240g. Dann habe ich ein bisschen geschliffen:

Tadaa, hat sich doch gelohnt. Dabei bin ich erst bei Körnung 120. Folgen noch 180 und 240.

Um das Unterwasserschiff im Ganzen lackieren zu können, wurde bereits jetzt der Kielballast von 400g angeklebt. Die beiden Holzleisten dienen als Parallelanschlag, und werden hinterher wieder entfernt (dann kleben die sicher fest…).
Nach der Lackierung kann man die GesamtverdrĂ€ngung durch einen Schwimmtest ermitteln. Ein wichtiger Test fĂŒr die weitere Bauplanung.
Bis hier hin waren es sechs Bautage 😉

Da geht die Reise hin, optisch. Das Unterwasserschiff ist mit verwĂ€ssertem Lack schwarz lasiert, der Kiel schwarz deckend. Der Wasserpass wurde auf eine abgeklebte Linie aufgemalt. Die Stevenspitzen sind in Eiche gebeizt. Und der Name, Picco, glĂ€nzt gĂŒlden am Bug.

Ruderschaft und Servo werden direkt unter dem Deck versenkt. Man kommt spÀter nicht mehr da dran, ohne das Deck aufzuschneiden (und dann eine Revisionsklappe einzubauen). Das Servo wird ein 9g Microservo, das ist stark genug.
Das Ruderblatt entstand aus 5mm Flugzeugsperrholz und ist ca. 2cm lÀnger als die Baukastenversion. Ebenfalls musste ich das Ruderschaftrohr und den Ruderschaft ersetzen, sie passten nicht ineinander. Das Rohr hatte nur 1,6mm Innendurchmesser, der sowieso verbogene Ruderschaft aber 2mm. Als Ersatzmaterial kommen 4mm Rohr und 3mm Draht zum Einsatz. Perfekt ist der Baukasten halt doch nicht ausgestattet.

Endlich konnte das Deck mit reichlich Uhu Plus Endfest verklebt werden. Dem ging aber einiges voraus. Das Deck hat eine Aufwertung mit einem Mahagoni-Zierrand bekommen. Ausserdem wurden eine MaststĂŒtze, Auflageleisten fĂŒr das RC-Brettchen und auf der Unterseite des Decks VerstĂ€rkungen an den Schraubösen-Positionen angebracht. Entlang der Rumpf-Innenkante wurde noch eine Holzleiste verklebt, die die KlebeflĂ€che zum Deckrand vergrĂ¶ĂŸert. Das RC-Brettchen ist vorbereitet, ebenso der lange Servoarm fĂŒr die Segelverstellung. Der Schotweg fĂŒr das Großschot wird ca. 16cm betragen, fĂŒr die Fock die HĂ€lfte.
Zum Abbinden des Klebers wird der Rumpf kopfĂŒber gelagert, damit der Kleber nicht weg lĂ€uft.

Der Bausatz liefert einen formverleimten “Peitschenmast” mit. Das ist ja soweit löblich, nur die Form passt so gar nicht. Ein Peitschenmast hat einen gleichmĂ€ĂŸigen Bogen, wie ihn die im Plan gezeichnete Segelkante auch richtig vorgibt, nicht wie ein Bischofstab. Daher ist der Bausatz-Mast unbrauchbar.

So sehen Peitschenmasten aus. Die gab es in den 1930er Jahren bei den 15er SchÀrenkreuzern.

Also habe ich mir mit der Segelkante als Vorlage eine Form gebaut, und einen eigenen Mast formverleimt. Dazu vorher aus einem 9mm Kieferbrettchen drei Leisten 9x3mm geschnitten. Die mittlere Leiste wurde so gedreht, dass die Maserung anders rum diagonal liegt als bei den Ă€ußeren Leisten: ///\\\///. Geklebt wurde mit Ponal wasserfest.

Rumpf und Mast sind endlich im Rohbau fertig.

Die Plicht muss von unten lackiert werden, bevor sie eingeklebt wird. Daher erfolgt das spÀter. Der Styrodurblock hilft, die Seitenteile bei der Verklebung zu fixieren.

Ein erster Anstrich mit Hartöl lĂ€sst das Holz leuchten. Es muss nach einer Stunde grĂŒndlich abgewischt werden. Insgesamt folgen drei Anstriche.

Das mit dem Holzöl ist kritisch, wenn man da drauf noch was kleben will. Das hatte ich noch nie versucht. Grob anschleifen hilft, dann hĂ€lt zumindest Sekundenkleber. Entlang der gebogenen SeitenwĂ€nde der Plicht ist unter Deck beidseitig ein Streifen Styrodur 12x12mm mit Epoxykleber verklebt. Hier braucht es KlebeflĂ€che, und nicht nur Kante auf Stoss. Ich lasse das jetzt mal lieber grĂŒndlich aushĂ€rten.

Schick ist es ja bis hier hin. Das Gewicht ist wie erwartet kritisch. Es wiegt jetzt 764g. In Plastikfolie gehĂŒllt und in die Badewanne gesetzt war die KWL bereits unterschritten. Dabei kommen da noch 100g fĂŒr die RC-Anlage dazu. Das Rigg darf dann einfach gar nichts wiegen. Immerhin, der selbstgeschnitzte Mast wiegt nur 18g.
Die Plicht hat SitzbÀnke erhalten und ein Drainagerohr, das reingeschwabbtes Wasser wieder abfliessen lÀsst. Ein bisschen Messing glÀnzt auch auf Deck.

Der Deckel basiert abweichend vom Baukasten auf einem StĂŒck Styrodur. Das wird einfach in die Öffnung geklemmt.

Erst die vierte Version gefiel mir.

Die Saling fertige ich aus Messingrohr. An den Enden sind Drahtschlaufen eingelötet.

Das ist wesentlich tauglicher als die Baukastenversion aus Billig-Sperrholz. Übrigens wurde die Saling bei den 15er SchĂ€renkreuzern nach vorne weisend am Mast montiert, weshalb ich das bei meinem Modell auch so gemacht habe. Der Baukasten gibt das anders herum vor.

Es sind jetzt alle Holzteile fertig, auch Ruderpinne und Schiebeluke. Der Großbaum entstand aus einem EssstĂ€bchen. Die Baukastenversion aus Buche war mir zu schwergewichtig. Der Fockbaum wurde aus dem mitgelieferten Kieferprofil geschliffen. Jetzt werden alle Teile, auch der Rumpf, zwei Mal mit meinem bevorzugten französischen Marinelack auf Leinölbasis gestrichen. Der verlĂ€uft sehr gut, ist aber glĂ€nzend. Zum Mattieren folgt abschliessend noch ein dĂŒnner Auftrag mit Hartöl. Jede Schicht muss einen Tag trocknen. Am Ende kann alles ĂŒber die Osterfeiertage durchtrocknen.

Ein Badewannentest ergab, dass das Boot mindestens 150g zu schwer wird und 15mm unter KWL schwimmt. Bei SchrĂ€glage wird daher der Rumpf seitlich tief eintauchen. Sicherlich wird auch der Bug eintauchen und das Boot stoppen, wenn es zu schnell wird. Ich ĂŒberlege daher, die SegelflĂ€che zu verringern.
Was das Rigg angeht: Beim stehenden Gut gibt es starke Darstellungsunterschiede zwischen dem Baukasten-Frontfoto, der Titelseite der Bauanleitung und dem Bauplan. Da muss man wohl seinen eigenen Weg finden. Das laufende Gut wird ja eh anders, da gesteuert. Ich werde nicht vorsehen, dass jemals abgetakelt wird, daher werden die Segel fest angebracht.