Die fertig revidierte M40, eine der schönsten Büromaschinen aus der Zeit vor Kriegsende.
Aus einem verdreckten Klumpen Altmetall eine glänzende und funktionierende Maschine zu machen, kann ein abendfüllendes Hobby sein. Die meisten denken dabei an Oldtimer-Autos. Manche reparieren Radios. Alles Technik mit einem Alltagsnutzen. Sogar einen Fernschreiber kann man über i-Telex wieder verwenden. Oder Wählscheibentelefone über eine Nebenstellenanlage betreiben, wie ich es mache.
Aber eine Schreibmaschine ist doch schon sehr aus der Zeit gefallen. Was macht man damit? Und was macht man mit mehr als einer? Wie viele sind zu viele?
Der Nutzen ist natürlich völlig fraglich. Hier geht es mehr ums restaurieren, verbessern, bis hin zum historisch korrekten Glanzgrad. Und so muss man sich bald fragen, wie weit will man es treiben? Wie viele Maschinen haben Platz und wie will man die präsentieren? Und nach welchen Kriterien wählt man die nächste Maschine aus?
Ich habe verucht, mir auf diese Fragen eine Antwort zu geben. Einen Definitionsrahmen sozusagen:
Die Maschinen dürfen sich nicht in der ganzen Wohnung verteilen. Anders als meine zur Zeit 4 Wählscheibentelefone, die verteilt und alle zum telefonieren nutzbar sind, sind die Schreibmaschinen meistens nur Deko. Daher sollen sie auch nur einen begrenzten Platz bekommen. Dazu wurde ein Regal angeschafft, das vom Stil her dazu passt. Es hat Platz für 4 Büromaschinen, und hinter den Türen für bis zu 6 kleinere Koffermaschinen.
Im neuen Regal ist noch Platz!
Wenn das Regal voll ist, muss erst eine Maschine zurück in den Umlauf gegeben werden. Was heisst ‘in den Umlauf geben’? Jetzt wird es ein bisschen philosophisch. Dinge von nachhaltigem Wert wie Antiquitäten, und im Prinzip alles was kein schnellebiges Wegwerfprodukt ist, besitzt man nicht. Man hat sie nur für eine gewisse Zeit und kümmert sich darum. Dazu gehört aber auch, dass man die Dinge weiter reicht, wenn man sich nicht mehr drum kümmert. Dann gibt man das Teil zurück in den Umlauf. Beliebte Umlaufbörsen sind Ebay und Kleinanzeigen.
Nach welchen Kriterien will ich denn nun neue Maschinen aussuchen? So langsam werde ich wählerisch. Der Grundbedarf ist ja schon bedient: Eine Standart-Büromaschine, eine Standart-Koffermaschine, zwei weitere Koffermaschinen die sich funktional kaum von der ersten unterscheiden. Da tun sich erste Redundanzen auf.
Eine neue Maschine muss also zuerst mal etwas können, was die vorhandenen nicht können. Etwa ein eigenständiges, ‘ikonisches’ Design haben. Oder eine besondere Schriftart schreiben. Oder eine Funktion haben, die die anderen nicht haben. Es macht ja keinen Sinn, Varianten von immer der gleichen Maschine zu sammeln, nur weil sich der Hersteller oder Konstruktionsdetails ändern. Nicht, wenn man sich auf vier große Maschinen beschränken will.
Und so kam ich zu der M40. Das Design ist sowohl eigenständig , als auch ikonisch. Zumindest in meinen Augen, und ich bin sicher, nicht nur in meinen.
Die M40 ist da! Erste Durchsicht
Die M40 kam aus dem Umlauf bei Ebay für stolze 60 Euro, immerhin Versand inclusive. Bei Hermes ist das Paket wohl jemandem aus der Hand gefallen, die Zustellung verzögerte sich um einen Tag mit dem Status ‘Inventur’. Ich hatte schon schlimmes befürchtet, aber die Maschine hat keine sichtbaren Schäden.
Der Ausgangszustand: Nur viel Dreck, aber anscheinend keine Defekte.
Womöglich habe ich mit dieser M40 Glück, der Zustand ist vielversprechend. Kein Nikotin, und keine Gerüche. Einige Typenhebel sind voll beweglich und das Anschlaggefühl ist vielversprechend. Die Walze scheint noch nicht zu hart geworden zu sein. Die kleinen Führungsrollen darunter sind noch weich, aber leicht rissig.
Die Farbspulen und vor allem deren angeschraubte Deckel sind vorhanden (mit Fehlteilen hätte ich die Maschine nicht gekauft).
Das Band der Rückholfeder ist noch am Stück. Der Schlitten bewegt sich nur wegen dem Dreck nicht freiwillig.
Es gibt einige Hebel, deren Funktion ich nicht kenne. Auch wie der Tabulator funktioniert muss ich noch rausfinden. Einzelne Tabulatoren setzen geht jedenfalls schon mal. Wie man die anfährt weiß ich aber noch nicht.
Die Walze ist 35cm lang, es lässt sich also Din-A4 quer oder Din-A3 längs einlegen. Das habe ich nicht mal als Drucker am Computer. Und somit ist es ein weiteres Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Mercedes, deren starker Konkurrent die M40 werden könnte.
Als nächstes werden die Gehäuseverkleidungen entfernt, um an das Innere heranzukommen. Dann sprechen Staubsauger und Pinsel. Leider ist der bestellte Kompressor noch nicht da. Bevor ich damit den Staub nicht möglichst vollständig rausgeblasen habe, werde ich nicht mit irgendwelchen Flüssigkeiten heran gehen. Solange kann ich ja aussenrum reinigen und polieren und die Mechanik ergründen. Das wird eine schöne Restauration.
Katastrophe!
Tja, leider nicht, das wars dann vielleicht auch schon:
Transportschaden, hier auf der rechten Seite, auf der linken ebenso.
Ich versuche eine Reparatur mit Flüssigmetallkleber. Die Demontage dafür war so aufwendig, ich weiß nicht ob ich das wieder zusammen bekomme. Vorausgesetzt es hält.
Im Zweifel brauche ich eine Ausschlachtmaschine mit einem neuen Wagen. Selbst wenn der dann schmaler wäre. Diese Wagen sind mit nur zwei Schrauben befestigt und liessen sich schnell tauschen. Aber das kostet ja auch wieder extra.
Auf der Innenseite ist genug Platz für ‘Füllmaterial’ in Form von Kleber. Also hier die Oberfläche blank machen und Riefen rein schneiden. So kann der Kleber sich festkrallen.
Dann einspannen und ausrichten. Auf der Rückseite (eigentlich ja die Aussenseite des Teils) sitzen ein paar Magnete die das zusammen halten.
Schon nach 5 Minuten leicht belastbar.
Hier bricht langsam das Chaos aus. Ob ich das alles wieder zusammen bekomme? Viele Verbindungen standen unter Federspannung. Und man hat ja nie genug Detailfotos gemacht.
Die Frage ist ja auch noch, ob es hält. Ich sehe da aber eine Chance.
Leider hat es auf der linken Seite die Montage nicht überstanden. Morgen mache ich einen zweiten Versuch. Wenn das nicht klappt muss eine Schlachtmaschine her. Für heute ist erst mal Schluss.
…
Ein zweiter Klebeversuch hat auch die Montage nicht überstanden. Zum Einen ist wohl die Verklebung nicht belastbar genug, zum Anderen ist die Montage so komplex, dass man da schnell mal an der falschen Stelle hebelt. Es ist ja alles nur teildemontiert. Da hakt es dann.
Nun muss ein Ersatzwagen ran, und das kann eine Weile dauern. Den Rest der Maschine baue ich aber auf, sonst fehlen da irgendwann Teile.
Gehäuse und alle abnehmbaren Gehäusedeckel wurden mit Zahnbürste und Zahnpasta gereinigt. Das funktioniert sehr gut auf dem rauhen Lack.
Dabei habe ich noch einen kleinen Defekt gefunden. Möglicherweise auch ein Transportschaden. Die Schrauben an der M40 sind nicht metrisch. Ein Ersatz muss von einer Schlachtmaschine kommen.
Hoffentlich war es das jetzt mit Schäden.
Doch noch ein dritter Versuch
Nachdem nun seit 2 Wochen kein geeignetes Spenderorgan für meine M40 angeboten wurde, brennt es mir doch unter den Nägeln, weiter zu machen. Also gibt es einen dritten Versuch, den Bruch zu kleben. Mit ein bisschen Abstand zu der Angelegenheit klappts vielleicht auch besser.
Hier ist ein 3mm Alublech auf die Aussenseite geklebt und zusätzlich mit zwei Schrauben gesichert. Das soll jetzt halten. Vor der Verklebung habe ich es schon passend lackiert.
Sieht so aus, als könnte das was werden.
Erst jetzt bemerkt: Die Achsen sind dicker als die Spulenbohrungen. Zum Glück liessen die Plastikspulen sich auf 6mm aufbohren. Aber: Ohne die aufgeschraubten Deckel gehts nicht, dann würden die Spulen frei drehen. Also eine Maschine wo die Deckel fehlen ist unbrauchbar!
Sieht schon ganz hübsch aus, ist aber noch nicht fertig.
Vier Stunden mühevolle Justiererei, nur damit das Farbband in Einstellung schwarz und rot und Klein- und Großbuchstaben auf die richtige Höhe gehoben wird. Da hatte sich schon mal jemand versucht und natürlich eine Schraube vermurkst, so dass ich an anderer Stelle justieren musste. Dazu bestimmt 20 Mal eine Achse aus- und eingebaut, an der verschiedene Hebel angeschraubt waren.
Aber es hat sich gelohnt. Nebenbei konnte ich noch die Federspannung für so einige Rückstellkräfte einstellen, mit dem Effelkt, dass der Tastenanschlag jetzt butterweich ist. Wenn das im Schreibbetrieb funktioniert (z.B. keine doppelten Walzenschritte), ist das ein sehr gutes Ergebnis (die Mercedes tippt sich aber noch leichter, die ist anscheinend unerreichbar).
Die Typen müssen noch gereinigt werden, die Tasten ebenso. Die Tabulatoren tuns auch noch nicht.
Morgen ist auch noch ein Tag!
Die Typen wurden mit Petroleum eingeweicht und dann mit rotierender Messingbürste geputzt (auf dem Bild noch ungereinigt). Die Tasten konnten diesesmal nicht mit Zahnpasta gereinigt werden, da jede Flüssigkeit sofort unter die Glasplättchen zog. Die sitzen alle etwas zu locker. Also wurden auch diese mit der rotierenden Messingbürste gereinigt.
Das Schriftbild ist jetzt annehmbar. Besser war es vermutlich auch nie.
Fazit: Das Design der M40 ist aussergewöhnlich und die Maschine tippt sich angenehm entspannt. Ich bin zufrieden. Eine Maschine, mit der ich auch schreiben will, kann bleiben.