Fernschreiber #2: Siemens T37h von 1955

Nach langem Anlauf fand ich endlich diesen T37h im Sauerland:

Das ist das Anzeigenbild aus den Kleinanzeigen.
Bis jetzt weiß ich noch nicht viel darüber. Ziemlich viel Schmutz, aber die Motorwelle bewegt sich. Kann ja nicht so schlimm sein.
Ausstattung ist komplett mit abgerocktem Holzgehäuse, Locher, Streifensender und FSG.
Der Plan ist: Zuerst das Holzgehäuse wohnzimmerfein machen. Dann kann das aus der Garage raus.
Dann erst kümmere ich mich um die Geräte. Das wird sicher eine gewisse Lernkurve. Sonst wäre es ja auch langweilig.
Der Fernschreiber ist ein ‘echter Scheunenfund’ aus Plettenberg/Sauerland, der Besitzer fand ihn in seinem gerade gekaufen Haus. Vielleicht stammt er ja aus der Region.

Abgeholt mit meiner Ape 50 von 1977. Gesamtstrecke 180km, Fahrzeit 6,5h. Die Hügel im Sauerland hat die Fuhre Souverän geschluckt und es gab manchen ‘Daumen hoch’.

Die Geräte aus dem Gehäuse genommen. Fast neuwertig. 1095 Betriebsstunden stehen auf dem Zähler. Muss man nur mal drüber wischen. 🙂
Das Gehäuse muss gereinigt, geklebt, angeschliffen und mit Hartöl behandelt werden. Dabei ist wohl Atemschutzmaske zu tragen eine gute Idee. Das müffelt alles ganz deutlich.
Die seitlichen Wangen über der Tastatur wurden mal abgenommen. Eine lag noch bei, eine fehlt und das Holzrollo ist noch vorhanden. Auch einige weitere Holzteile fliegen da noch lose rum. Der Deckel und die gebogene Glasscheibe sind unbeschädigt. Im Schubkasten fand sich der Schlüssel. Eine Rolle Papier und eine Rolle Lochstreifen waren noch dabei, alles etwas brüchig. Leider keine Teilnehmerverzeichnisse.


Erster Schritt der Instandsetzung: Gehäuse entstaubt und mit Waschbenzin abgewaschen um die Keimrate zu verringern. Die rohen Stellen, wo mal die Seitenwangen dran waren, sind mit Holzleisten abgedeckt. Diese habe ich nur angenagelt, man kann sie also abnehmen und neue Wangen anbringen, wenn man das will und die fehlenden Teile hat. Bis dahin bleibt das so.
Auf der Seitenwand sieht man drei Bohrlöcher. Hier musste ich mit drei massiven Schrauben die Verbindung zum Bodenbrett zusammenziehen. Die Seitenwand hatte sich verzogen. Anders ließ sich das nicht stabil zusammensetzen. Die Bohrungen werden mit Holzwachs in passender Farbe geschlossen.
Die Dicken Filzmatten, die unter dem Fernschreiber und unter dem Streifensender angeordnet sind, müffeln übel. Ich versuche jetzt mal, die mit Essig zu behandeln. Dann vielleicht in die Waschmaschine. Wenn das nicht reicht, kann es helfen, die im Gefrierschrank einzufrieren.
Die dünnen Filzmatten, die im Holzgehäuse eingeklebt sind, kann ich zur Not ersetzen.

TW39

So sah das Fernschaltgerät vorher aus:


Der Schaltplan klebte innen. Es machte alles den Eindruck, als sei das Gehäuse seit 1955 noch nie geöffnet worden.


Die Innereien habe ich etwas vom Staub befreit. Aber auch nicht zu viel, es soll ja nichts kaputt gehen.


Und ein bisschen aufpoliert.
Die Wählscheibe klemmte allerdings. Einstellversuche und Reinigung mit Spiritus brachten nichts. Erst Silikonspray brachte das Ding zum laufen. Ich hoffe, das hält eine Weile. Die Wählscheibe ist etwas speziell, mit einem Sperrmechanismus, und von daher nicht so einfach zu ersetzen.
Die Relaiskontakte wurden leicht gereinigt, indem ich da ein Stück Lochstreifenpapier durchgezogen habe. Da blieb schon einiger Schmodder hängen. Aber erst wenn es im Betrieb Störungen gibt, mache ich da mehr. Sonst schone ich das lieber.

T37

Das Hauptgerät ist ziemlich verdreckt. Eine Öl-Staub Pampe liegt überall drauf. Mit Öl war man da wohl früher nicht geizig, ein Fehler zumeist. Mit Petroleum, Pinsel und Pressluft aus dem Kompressor geht es dem Dreck zu Leibe.

Unter der abgenommenen Bodenplatte sah es aber sehr manierlich aus. Da war nur ein bisschen altes Öl zu entfernen. Die folgenden Aufdrucke fanden sich auf der Innenseite der Bodenplatte. Die Bilder können durch anklicken vergrößert werden:

Von Marco aus dem Forum bekam ich diese stilechte Anschlußdose:

Und er half mir auch das schwere Holzgehäuse in die Wohnung zu tragen:

Dann ging alles ganz flott, die Mechanik sauber gemacht, angeschlossen, läuft.
Zuerst schrieb er wirren Text. Aber da musste sich erst mal was lockern, danach ging es. Die Mechanik ist wohl noch etwas verklebt. Da hilft Öl hier und da. Und mit der Tastenkombination ryryryryryr usw. kann man die Stellstäbe genau gegeneinander bewegen.

Zuletzt bekam ich noch in Kopie ein Lehrbuch für das Schreiben auf einem Springschreiber. Damit lässt sich ‘Blindschreiben’ auf einem Fernschreiber ebenso erlernen. Es unterscheidet sich ja von Schreibmaschinen, da keine Umlaute vorhanden sind und zwischen Buchstaben und Zahlen/Satzzeichen umgeschaltet werden muss. Dieses Lehrbuch ist allerdings sehr zäh, wer danach lernen musste und geprüft wurde hat Respekt verdient.

Fehlersuche

So ganz verschont wurde ich dann von Problemen doch nicht: Der Fernschreiber schaltete im Betrieb einfach ab. Vorher schon hatte die rote Betriebslampe auf dem FSG geflackert. Also irgend ein Kontaktfehler?
Im FSG liegt parallel zu den Motorstromkontakten des H-Relais ein Kondensator C1. Dieser stand schon auf meiner Liste zum Austausch. Unter Netzspannung versagen solche alten Kondensatoren mit zunehmendem Alter. Also waren neue Kondensatoren mit 1µF schon bestellt. Um diese mögliche Ursache auszuschließen wurde der dann zuerst getauscht:


Dieses Kondensatortürmchen musste erst mal los geschraubt werden. Immerhin hat Siemens hier alles gut beschriftet. Ganz oben ist ein Platzhalter aus Stahlblech.


Neu und alt, wobei Neu in den Becher von Alt rein soll.


Also öffnen und raus mit Alt.


Hier hilft manchmal nur Gewalt: Grobe Schraube in den Kondensator rein gedreht und dran gezogen.


Den neuen Kondensator konnte ich dann einfach anlöten und alles wieder zusammenbauen.

Nach einigem Testen und Grübeln zeigte sich dann aber, dass die Kontakte am Relais H bereits Schweißpunkte zeigten. Der Kondensatortausch kam also schon zu spät.
Ich habe dann das gemacht, was ein Fachmann nie machen würde: Die Kontakte glatt geschmirgelt. Dann mussten die Kontaktfedern noch nachgebogen werden, da die Kontakte zu weit auseinander standen, um sich noch zu berühren.
Das führte dann zum Erfolg. Jetzt wird das erst mal weiter so verwendet, um zu sehen, ob noch weitere Schwachstellen auftreten. Auf Dauer muss das Relais aber erneuert werden. Es geht ja nur um die beiden Schliesskontakte für den Motor. Die kann ich auf ein neues Relais legen, das einfach parallel zum H-Relais angeschlossen wird. So der Plan.