Modellbau: Graupner Vegesack

Eigentlich ein total überflüssiges Projekt, und auch noch mit großem Aufwand verbunden: Ein Wrack einer Vegesack flog mir ins Haus. So ein 40cm-Schiffchen besitzt immerhin einigen Kultcharakter, da kann man schonmal schwach werden. Mehr Seenotrettungs-Flotte brauche ich aber nun nicht mehr, mein statistisches Soll ist erfüllt.


So sah das arme Ding aus, als ich es bekam.

Am Ende der Restaurierung soll das Schiffchen kenterdicht sein. Das erreiche ich, indem ich eine Art abnehmbare Bodenwanne über den Süllrand des Rumpfes laminiere, auf dem die Plicht aufgeklebt wird. Beide Teile zusammen ergeben dann eine verwindungssteife Plicht, die saugend auf den Süllrand des Rumpfes passt. Die Kabine wird aus dünnem Flugzeugsperrholz neu aufgebaut. Dabei wird der Fahrstand mit Instrumenten usw. detailliert.


Hier habe ich schon das brüchige Kabinenhaus abgenommen, das baue ich komplett neu. Auch andere Kleinteile bis hin zu Ruder und Schiffswelle flogen raus.


Mit der Plicht beginnt es. Ziel ist es, von jedem Teil alten Kleber und Lack abzulösen. Lack, der gut hält, kann aber drauf bleiben. Da kommt dann Spritzgrund drüber und wird glatt geschliffen.


Um die diversen Löcher zu schliessen…


…wurde von unten mit Glasfaser und 2K-Acrylharz laminiert. Leider war das Harz schon zu alt und daher dickflüssig, um es ‘schön’ hinzubekommen. Aber es hält und kann beigeschliffen werden.


Die Schiffswelle kann weiter verwendet werden. Der Ruderkoker ist ausgebohrt. Hier kommt ein stabileres und deutlich größeres Ruder zum Einsatz. Der Schutzbügel über dem Ruder wird durch ein dünnes Messingrohr ersetzt. Mit dem größeren Ruder lässt sich das Boot unter rauhen Bedingungen wesentlich besser steuern. Eine Schiffsschraube bis zu 25mm Durchmesser passt auch.
An dieser Stelle besteht nun Handlungsbedarf. Da hatte der Modellbauer den Rumpf zu grob ausgeschnitten, und das dann mit reichlich Harz verfüllt.


Das gefiel mir nicht, also hab ich gleich alles raus gezogen und einen Holzklotz aus leichtem Paulowina da eingepasst. Jetzt lässt sich auch die Bohrung für den Ruderkoker beliebig groß machen. Auf dem Foto wurde bereits der Süllrand getaped, das ist die Sperrschicht für die nun folgenden Laminierarbeiten.

Der Plichtdeckel aus einem ABS Tiefziehmaterial ist sehr flatterig. Unmöglich, hier eine Abdichtung zum Süllrand des Rumpfes herzustellen. Ich habe die Idee, eine Bodenwanne aus GFK unter den Plichtdeckel zu kleben. Das wird dann ein verwindungssteifes Gebilde.


Für die Bodenwanne wurde ein 40mm starker Styrodurblock mit den Innenmaßen des Süllrandes erstellt.


Dann kommen zwei Schichten 80er Köpergewebe…


…da drüber laminiert.


Der Block wird dann sofort bevor das Epoxy abbindet 20mm tief in den Süllrand gedrückt, und die Überstände vom Glasgewebe auf den mit Tape geschützen Süllrand auflaminiert. Damit das kantig härtet, sind aussen rum Dreikantprofile aus Styrodur aufgedrückt. Hoffentlich lässt sich das ganze Gebilde wieder gut vom Rumpf lösen!


Es ist geglückt. Die Rohform muss nun nachbearbeitet werden.


Dann passte sie auch abnehmbar in den Süllrand.


Für die Plicht eingeschnittene Aussparungen. Wenn da Hohlräume entstehen schadet das nichts. Es wird ja am Ende alles wasserdicht.


Dann können Plichtdeckel und Bodenwanne mit Epoxykleber zusammengeleimt werden.


Fertig verleimt ergibt das ein verwindungssteifes Bauteil. Nächste Stufe: Feinspachtel.


Auf den Rand kommt Feinspachtel. Der Süllrand des Rumpfes ist mit Vaseline eingerieben.


Dann wird das zum Aushärten wieder zusammengesteckt. Nun sollte die Dichtfläche perfekt sein, ein Abdruck des Süllrandes.


Kleiner Zwischenstand.


Soweit ich es auf Webfotos ermitteln konnte, hatte die Vegesack ursprünglich ein Cabriodach. Das setze ich auch so um, daher brauche ich für die Kabine nur diese Teile. Sie werden aus dünnem Flugzeugsperrholz ausgeschnitten.


Und so entstand die neue Kabine im Rohbau.

Zeit für ein bisschen Technik:


Die Ruderanlenkung musste ganz auf die Seite rücken, da unter dem Plichtboden kein Platz ist. Daher diese Konstruktion.


Die Rudermaschine wurde einfach eingeklebt. Hier ist Ruder hart Steuerbord gegeben.


Das Ruderblatt entsteht aus zwei Lagen Sperrholz, ein Reststück vom Spitfire-Baukasten. Die zweite Lage wird erst ausgesägt, wenn das alles mit Epoxy verklebt ist. Das Messingröhrchen wird später noch auf die Ruderwelle geklebt, jetzt erlaubt es erst mal, das Ruderblatt ‘in der Hand’ zu formen.


Größenvergleich Baukastenversion und mein Steuerblatt.


Ruder geradeaus fixiert verkleben. Zuvor habe ich das Holz mit dem Epoxykleber eingerieben, damit es schon eine erste Imprägnierung hat.


Endlich verschwinden die Reste vom alten Lack unter Kunststoff-Grundierung, Filler, und einem Grundlack in RAL 9010 Reinweiß matt. Der darf jetzt ein paar Tage aushärten, bevor er mit Abdeckband belastet wird. Ich arbeite mit Sprühdosen, es wird also nicht ganz perfekt.


Das Unterwasserschiff ist mit RAL 3004 Purpurrot gespritzt. Das sehe ich als interessante Alternative zu dem üblichen Rostrot. Es ist ähnlich, aber frischer. Abgeklebt ist das nur so übern Daumen gepeilt. Die richtigen Linien entstehen erst, wenn der grüne Wasserpass dazu kommt.


Der letzte Sprühlack ist nun auch drauf. Das Deck ist mit RAL 6016 Türkisgrün, die Kabine mit RAL 2008 Hellrotorange gespritzt. Mir gefallen die Farben sehr gut. Noch ist alles abgeklebt. Ob es auch gut aussieht wird sich später zeigen. Für das Verdeck wurde gleich ein Stück feiner Hemdenstoff orange gespritzt.


Die neuen Relings entstehen aus Kupferdraht. Dazu wurden in die MDF Platte Bohrungen genau passend zu denen am Boot gebohrt. So lässt sich alles stabil zusammenlöten und anschliessend lackieren.


Fenstergummis entstehen aus dünner Litze, die mit Sekundenkleber in den Scheibenrahmen geklebt wird. Es geht leider nicht ohne Kleberkleckse.


Inzwischen hat es einige Detailarbeit gegeben.


Es fehlt nicht mehr viel.


Sitz- und Bodenbrettchen, sowie ein Bootshaken. Die Brettchen bestehen aus 1,5mm Flugzeugsperrholz. Die Schlitze entstanden mit einer Furniersäge. Die Rückseite ist mit Epoxy vorgestrichen. Der Bootshaken entstand aus einem Schaschlickspieß und einem Stück 1,3mm Messingdraht. Alle Holzteile sind in Eiche gebeizt, und werden noch klar lackiert.


Der neue Mast besteht aus Restmaterialien. Ein paar LED’s sind auch dran, und werden für Dauerbeleuchtung angeschlossen.


Hier der Versuch, ein DGzRS Fähnchen zu basteln. Papier, Edding, Weißleim, und die Decals sind aus dem letzten DGzRS-Jahrbuch ausgeschnitten. Die Decals am Boot gab es übrigens auf Ebay als Aufkleber. Mit Klarlack drüber sehen die gut aus.


Der Antriebsstrang, die Teile lagen tatsächlich alle bei mir im Bestand. Der Propeller ist auf 24mm Durchmesser gekürzt. Die Gliederkupplung hat einen Überzug aus Schrumpfschlauch bekommen. Das ist ein Versuch, ob es dann ruhig läuft, und immernoch flexibel genug ist. Der Motor ist wahrscheinlich aus der Größenklasse Mabuchi 280.


Der Motor wurde in Polyester-Spachtel eingebettet, natürlich abnehmbar. Ein dünnes Messingband hält ihn in Position. Einfach, wirkungsvoll, aber dirty.

Der Akku besteht aus 4 Lipo-Zellen zu je 750mAh. Zwei sind jeweils in Reihe, und diese Reihen dann parallel geschaltet. Das geschieht auf einer kleinen Platine, die ausserdem noch einen Hauptschalter und Lade- und Balancer-Buchse enthält. Daran angeschlossen ist ein Thor 15 Regler mit BEC für die Empfängerstromversorgung. Das Gewicht musste laut Schwimmtest weit nach vorne. Eine Fahrprobe steht noch aus.


Und so sieht das Schmuckstück nun fahrbereit aus. Es wiegt 537g, also 17g mehr als von Graupner vorgegeben. Dafür hat es aber auch eine starke Motorisierung mit reichlich Reserve.

Zu einem Modell gehört bei mir immer auch ein Transport- und Lagerkoffer:

Der entstand möglichst simpel aus Materialresten. In den kleinen Karton in der oberen Ecke kann man Kleinkram packen. Die Scharniere und der Handgriff bestehen aus Gurtband, angeklebt mit Heisskleber. Der Deckelverschluss besteht aus einem Druckknopf am Gurtband.

Die Probefahrt ergab, dass die Vegesack reichlich motorisiert ist. Ein kleinerer Propeller täte es auch. Nach ein paar Runden wurde das Ruder schwergängig, da muss ich nochmal ran. Auch der Trimm stimmt nicht, das Boot neigt sich nach Backbord. Alles lösbare Probleme. Vom Fahrbild her gefällt es mir gut.