“Opafiets” Gazelle Safari 1973



Und nun zu etwas völlig Anderem!


Ich finde, es steht mir 🙂 Das Opafiets nach der Abholung vom Vorbesitzer. Es war gepflegt, wirkte aber ein bisschen mĂŒde.

In den 1980ern habe ich mir als SchĂŒler Geld damit dazu verdient, in einem Fahrradladen die neu angelieferten HollandrĂ€der aus dem Karton zu heben und die Endmontage zu machen. Daher kenne ich diese HollandrĂ€der noch gut. Sie sind mir insbesondere in dieser grĂŒnen Farbe sehr in Erinnerung geblieben. Am Niederrhein hatte sie jeder Haushalt.


1983: Der mit der Schaufel bin ich.

Gefunden hatte ich mein Hollandrad in den Kleinanzeigen, und fĂŒr 60 Euro abgeholt. Auch diese JahrgĂ€nge werden zunehmend seltener und sammelwĂŒrdiger, zumal als Herrenrad. Ich denke mal, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich sowas noch gĂŒnstig zu sichern. Die QualitĂ€t spricht fĂŒr sie. Was man von spĂ€teren Baujahren leider nicht mehr sagen kann. Irgendwann gibt es keine erhaltenswerten FahrrĂ€der mehr, weil die QualitĂ€t dafĂŒr zu schlecht ist. FahrrĂ€der aus den letzten 30 Jahren geben schon nicht mehr viel her.

Kurze Bestandsaufnahme:
1. Es ist fahrbar und fÀhrt auch schön leichtgÀngig.
2. Radlager und Tretlager haben Spiel, das Tretlager macht Klack-GerÀusche einmal pro Kurbelumdrehung.
3. Die Bremswirkung der RĂŒcktrittbremse ist schlecht. Es gibt keine Gangschaltung.
4. Die Stoffbespannung des Kettenkastens braucht NĂ€harbeiten und muss stabilisiert werden (von innen Gewebe einkleben). Die Kette ist neuwertig.
5. Die Reifen sind noch brauchbar. Zur Zeit gibt es ja Lieferprobleme fĂŒr neue Reifen (2022). Immerhin ist die FelgengrĂ¶ĂŸe 622mm, also nicht die sonst meist anzutreffende GrĂ¶ĂŸe 635mm. So gibt es eine große Auswahl moderner Reifen dafĂŒr. Pannenschutzreifen machen aber wenig Sinn, da diese mit Luftdruck um 5 Bar gefahren werden mĂŒssen (sie rollen sonst zĂ€h), die Felgen aber fĂŒr 3 Bar ausgelegt sind. Bei höherem Druck springen die Reifen von der Stahlfelge ab.
6. Steuerlager/Gabel, Vorbau/Lenker und Sattel/SattelstĂŒtze sind völlig in Ordnung und brauchen keine Zuwendung.

Das Rad wurde von seinem Vorbesitzer offenbar gut gepflegt. In allen Ecken des Rahmens finden sich weiße Politurreste. Innenlager und Kette, vermutlich auch das Ritzel, wurden mal erneuert. Vielleicht freut es ihn, dass es jetzt noch einmal komplett aufgearbeitet wird. Dabei soll es möglichst in den Originalzustand versetzt werden. LackschĂ€den werden so stabilisiert, dass es nicht weiter rostet. Die Felgen sind verchromt, es zeigen sich Rostpickel. Hier wird nur ‘gepflegt’. Achslager vorne und RĂŒcktrittnabe sowie Tretlager werden komplett demontiert, gereinigt, neu geschmiert und eingestellt. Danach sollte das Rad wieder sauber laufen.


Das Thompson-Tretlager wurde offensichtlich auch schon mal erneuert. Es lÀuft noch spielfrei, hakelt aber schon. Die Kunststoffschalen scheinen aber ausgeschlagen zu sein. Von einem Ausschlacht-Hollandrad aus den 90ern (die QualitÀt ist echt mies im Vergleich) verwende ich ersatzweise ein Vierkantlager nebst passender Kurbelgarnitur. Neue Thompson-Lager gibts vereinzelt auch noch.


Der Bremsmantel hat schon einige Bremsungen hinter sich. Meine Hoffnung ist, dass er, gereinigt und frisch gefettet, wieder ausreichend bremst.


Die Einzelteile bei der Reinigung. Der Zusammenbau war dann auch nicht schwierig. Alles wurde mit Hochtemperaturfett eingefettet. Teileliste dazu


Auch die Vorderradnabe ist frisch gefettet und der Konus eingestellt. Sollte laufen. Die Speichen sind alle noch gut und es musste kaum nachzentriert werden. Allzu stramm sitzen sie bei diesen RĂ€dern ja nicht, damit sie das Rad etwas federn können. Damals hat man auf Komfort Wert gelegt. Gebogene Gabel, dĂŒnne Rohre am Hinterbau, und weiche Speichenspannung erzeugen einen gewissen Komfort. Das bekommt man heute mit Alurahmen nicht mehr hin.

Die lackierten Rahmenteile wurden gereinigt. Es gab einige angerostete Bereiche, vor allem an den Schutzblechen, und an den Stellen, wo Verschraubungen sitzen. Insgesamt fĂŒr fast 50 Jahre aber sehr gut.


Die Roststellen wurden grob gesÀubert, entfettet und mit PUR104 Rostbremse klar gestrichen. Das ist ein durchsichtiger Zweikomponentenlack. Wenn der durchgehÀrtet ist, werden alle LackoberflÀchen mit silikonfreier Schleifpolitur gereinigt. Danach sieht der Lack frisch aus, und braucht nur noch eine pflegende Politur. Es soll kein Neuzustand hergestellt werden, sondern ein gepflegter Zustand.


Die Stoffbespannung des Kettenkastens war insgesamt in einem guten Zustand. Die drei Druckknöpfe konnten nur mit viel FeingefĂŒhl und WD40 geöffnet werden, ohne auszureissen. Das FeingefĂŒhl bringt man dabei mit einer Taschenmesserklinge ein, die zwischen die DruckknopfhĂ€lften gedrĂŒckt wird. Der Stoff hatte auf der Aussenseite einige Schnitte und dĂŒnne Stellen. Daher wurde ein StĂŒck Cordura hier mit SprĂŒhkleber eingeklebt. Ausserdem wurden sĂ€mtliche NĂ€hte nachgenĂ€ht. Die waren schon in Auflösung begriffen, das Garn war morsch geworden. Das zu nĂ€hen ist nicht einfach, da die Metallklammern auf der Unterseite störten. Sie wurden 1973 wohl erst hinterher eingesetzt.


Abschliessend wurde mit Silikonöl poliert, was das Lacktuch schön glÀnzen lÀsst.

Der Zusammenbau ist etwas mĂŒhsam mit dem Kettenkasten. DafĂŒr sieht das Rad am Ende sehr schick aus und fĂ€hrt sich gut. Die Beleuchtung ist auf dem damaligen Niveau von ‘Positionslicht’, und wird wegen dem SeitenlĂ€uferdynamo nur im Notfall wirklich verwendet, sonst bevorzuge ich Akkulicht. Die RĂŒcktrittbremse bremst auch wieder besser, fĂŒr die angepeilten Geschwindigkeiten ausreichend. Nach der ersten grĂ¶ĂŸeren Ausfahrt bekam die Vorderradbremse neue Bremsklötze und es gab einen neuen Sattel.